Flora von Österreich's Journal

Journal archives for December 2022

December 16, 2022

Herbstblühende Frühjahrsblüher

Auch im Dezember kann man in Österreich noch blühende Pflanzen finden. Meistens handelt es sich dabei um Arten, die erst spät im Jahr Blüten entwickeln oder Arten, die fast das ganze Jahr hindurch blühen können, wie zum Beispiel das Gänseblümchen oder der Gewöhnliche Reiherschnabel. Selten kommt es aber auch vor, dass im Herbst Arten blühen, für die das überhaupt nicht typisch ist. Einige besonders interessante Beispiele aus den letzten Wochen sollen in diesem Beitrag vorgestellt werden. Dabei handelt es sich um ausdauernde Pflanzen, die mehrere Jahre leben und meistens ein Mal im Jahr blühen. Besonders in einem milden Herbst, wie es heuer der Fall war, können sie aber noch eine zweite Nachblüte entwickeln (oder überhaupt die erste Blüte).


Kuh- bzw. Küchenschellen blühen normalerweise im April, ab und zu kommt es aber vor, dass man auch im Herbst einzelne blühende Pflanzen finden kann. Ende September hat @thomaszuna-kratky eine blühende Wiesen-Küchenschelle (bzw. Schwarze Küchenschelle, Pulsatilla pratensis ssp. nigricans) im Kamptal entdeckt.

Eine weitere Beobachtung stammt von @ma_gat aus der Wachau, ebenfalls von Ende September.

Pulsatilla pratensis
© Thomas Zuna-Kratky (CC BY-NC 4.0)


Findet man die Kuhschellen, dann kommt in der Nähe auch oft der Diptam (Dictamnus albus) vor. Er blüht aber erst etwas später, nämlich im Mai und Juni. Jedenfalls normalerweise, denn Ende Oktober war eine spektakuläre Diptam-Blüte am Galgenberg im Weinviertel zu beobachten.

@waldgeist hat außerdem Anfang November einen blühenden Diptam an der Thermenlinie bei Pfaffstätten fotografiert.

Dictamnus albus


Eine weitere Art mit ähnlichen Standortansprüchen und ebenfalls einem Verbreitungsschwerpunkt in Ostösterreich ist die Bunte Blauflockenblume (Centaurea triumfetti). Sie blüht im Frühjahr zur selben Zeit wie der Diptam, aber auch bei dieser Art kann man mit Glück auch im Herbst noch blühende Exemplare finden. Eines davon hat @isadoraisadorable Anfang November im westlichen Weinviertel fotografiert.

Centaurea triumfetti
© isadoraisadorable (CC BY-NC 4.0)


Weiter verbreitet ist das Buschwindröschen (Anemonoides nemorosa, Syn.: Anemone nemorosa), ein typischer Frühlingsgeophyt. Die Pflanzen wachsen in Wäldern und überdauern den Winter im Boden. Im Frühjahr entwickeln sie sehr früh Blüten und Blätter, um das vorhandene Licht noch nutzen zu können, bevor die Blätter der Bäume austreiben. Nach der Fruchtreife verschwinden die Pflanzen wieder für den Rest des Jahres. Aber auch bei dieser Art gibt es seltene Ausnahmefälle, in denen Blüten im Herbst entwickelt werden. Ende Oktober hat @gertiseiser ein blühendes Buschwindröschen in Deutschlandsberg entdeckt.

Eine weitere Beobachtung stammt von @kupferglucke, ebenfalls aus der Steiermark. Diese Pflanze hat sogar Mitte November noch geblüht.

Anemonoides nemorosa
© Gertraud Seiser (CC BY-NC 4.0)


Die typische Blütezeit des Gewöhnlichen Seidelbasts (Daphne mezereum) reicht von März bis April, noch bevor die Blätter der Pflanzen voll entwickelt sind. Im Herbst und Winter kann man schon die Blütenknospen sehen, die sich aber im Normalfall erst im Frühjahr öffnen. Bei einer Pflanze, die @martin_der_prinz im Wienerwald bei Baden fotografiert hat, war das aber bereits Mitte Oktober der Fall.

Daphne mezereum
© Martin A. Prinz (CC BY-NC 4.0)


Die Große Sternmiere (bzw. Echte Sternmiere, Rabelera holostea, Syn. : Stellaria holostea) wächst in Wäldern und deren Säumen und blüht üblicherweise von April bis Mai. Eine Pflanze, die sich nicht daran hält, hat @jasmin_reh Ende November im Wienerwald bei der Sophienalpe beobachtet. Die vielen noch ungeöffneten Blütenknospen verlängern den Blühzeitraum sogar bis in den Dezember hinein. Ob sich die Früchte allerdings mit den fallenden Temperaturen und zunehmendem Frost noch entwickeln konnten, ist fraglich.

Rabelera holostea
© jasmin_reh (CC BY-NC 4.0)


Blühende Primeln kann man auch im (Spät-)Herbst und Winter immer wieder beobachten. Allerdings handelt es sich dabei fast immer um die Stängellose Primel (bzw. Stängellose Schlüsselblume, Primula vulgaris). In den letzten Wochen gab es mehrere Beobachtungen dieser Art in Österreich. Im Gegensatz dazu deutlich ungewöhnlicher sind im Herbst blühende Exemplare der Gewöhnlichen Wald-Primel (bzw. Wald-Schlüsselblume, Primula elatior), deren Hauptblütezeit von März bis Mai reicht. Eine solche Pflanze hat @tobiasschnberg Mitte November in Bludenz entdeckt.

Weitere Beobachtungen stammen von @nonovak (Ende Oktober in den Türnitzer Alpen) und @elenor (Anfang November in Oberösterreich).

Primula elatior
Tobias Schönberg (CC0)


Ergänzungen sind gerne willkommen!

Posted on December 16, 2022 09:40 PM by pastabaum pastabaum | 4 comments | Leave a comment

December 21, 2022

300.000 Beobachtungen


Mittlerweile zählt das Projekt mehr als 300.000 Beobachtungen! Anfang des Jahres waren es erst knapp 173.000. Vielen Dank an alle, die ihre Beobachtungen teilen und/oder beim Bestimmen der Pflanzen helfen!

In den nächsten Tagen wird es wieder einen ausführlichen Jahresrückblick geben. Bis dahin wünsche ich euch schöne Feiertage!


Viscum album

Posted on December 21, 2022 01:03 PM by pastabaum pastabaum | 1 comment | Leave a comment

December 31, 2022

Jahresrückblick 2022

Wie schon letztes Jahr, gibt es auch heuer am Ende des Jahres einen Rückblick auf die Ergebnisse des Projekts. Und wie auch schon 2021, fällt die Bilanz wieder sehr positiv aus. Der Rekord des letzten Jahres mit damals rund 86.000 neuen Beobachtungen konnte sogar noch übertroffen werden. Insgesamt sind heuer rund 120.000 Beobachtungen von rund 3.760 Beobachter*innen dazugekommen, womit die Gesamtzahl im Projekt aktuell bei etwas mehr als 301.000 liegt! Danke an alle, die sich am Beobachten oder Bestimmen beteiligt haben!

Auch bei der Anzahl der Arten konnten wir einen neuen Höchstwert erreichen, nämlich 2.770 Arten, die heuer erfasst wurden. Die Gesamtzahl liegt damit schon bei über 3.300. Ganz besonders pflanzenverrückt war dabei @martin_der_prinz mit mehr als 9.000 Beobachtungen und über 1.400 Arten (und insgesamt schon mehr als 1.700, tolle Leistung!). Ebenfalls sehr aktiv waren @josef-schmid, @wario512, @gertiseiser, @wolfgangbacher und @petzenbeer mit jeweils mehr als 2.000 Beobachtungen. @wrbkat, @misterup, @tobiasschnberg, @uwekozina, @isadoraisadorable, @michael_baden und @mondseeirrsee haben jeweils mehr als 1.000 Beobachtungen zum Projekt beigetragen.

Ganz besonders wichtig sind natürlich auch diejenigen, die sich am Bestimmen der vielen Beobachtungen beteiligt haben. Heuer waren das rund 1.450 Personen. Ein großer Dank geht an @brothernorbert (mit mehr als 40.000 Bestimmungen!), @martin_der_prinz, @mondseeirrsee, @davidsandler, @gabrielmayrhofer, @epsilon, @ducco (Thank you for your IDs for the Austrian flora!), @marcogu, @martina_poeltl und @andreas_berger mit jeweils mehr als 1.000 Bestimmungen, aber auch an alle anderen, die hier nicht genannt sind.

Die Arten, die in diesem Jahr am häufigsten beobachtet wurden, sind [in Klammern am Ende die Position 2021]:

  1. Fuchs’ Knabenkraut (Dactylorhiza fuchsii) [>10]
  2. Zypressen-Wolfsmilch (Euphorbia cyparissias) [2]
  3. Kriechender Günsel (Ajuga reptans) [1]
  4. Gewöhnlicher Hornklee (Lotus corniculatus) [>10]
  5. Gänseblümchen (Bellis perennis) [>10]
  6. Rot-Klee (Trifolium pratense) [>10]
  7. Große Brennnessel (Urtica dioica) [7]
  8. Taubenkropf-Leimkraut (Silene vulgaris) [>10]
  9. Knoblauchsrauke (Alliaria petiolata) [>10]
  10. Schöllkraut (Chelidonium majus) [5]

Interessanterweise haben es gegenüber dem letzten Jahr gleich 6 neue Arten in die Top 10 geschafft, die am häufigsten beobachteten Arten haben sich also deutlich verändert. Fuchs' Knabenkraut liegt an der Spitze und wurde gleich von 241 Personen beobachtet.

In der nachfolgenden Tabelle sind die Zahlen für das Jahr 2022 für die einzelnen Bundesländer zu finden. Wie schon im letzten Jahr liegen Niederösterreich und die Steiermark sowohl bei der Anzahl an gefundenen Arten als auch bei der Anzahl an Beobachtungen sowie Beobachter*innen mit deutlichem Abstand an der Spitze. Dahinter konnte sich Wien auf den 3. Platz verbessern, gefolgt von Kärnten und Tirol, das - basierend auf der Artenzahl - zwei Plätze nach unten fällt. Salzburg klettert einen Platz nach oben und überholt das Burgenland.

Bundesland Artenzahl Beobachtungen Beobachter*innen
Niederösterreich 1.926 33.167 940
Steiermark 1.742 31.153 951
Wien 1.192 12.949 674
Kärnten 1.170 8.150 392
Tirol 1.137 12.366 740
Oberösterreich 1.081 7.838 475
Salzburg 912 5.079 504
Burgenland 862 3.858 248
Vorarlberg 757 4.903 249

Die Karte mit den „Maskottchen“, also den Arten, die in jedem Bundesland in diesem Jahr am häufigsten beobachtet wurden, ist heuer weniger vielfältig. Die Orchideen-Fans haben zugeschlagen und Fuchs' Knabenkraut gleich in vier Bundesländern auf den 1. Platz gebracht (darunter Kärnten wie schon 2021). In Wien (Götterbaum), der Steiermark (Kriechender Günsel) und dem Burgenland (Kleines Knabenkraut) bleiben die Arten mit den meisten Beobachtungen unverändert. In Niederösterreich liegt die Große Kuhschelle in diesem Jahr ganz vorne und in Oberösterreich erreichen mit dem Gänseblümchen und dem Persischen Ehrenpreis zwei Arten mit je 41 Beobachtungen den Höchstwert.

Bundesland 2022 am häufigsten beobachtete Art
Niederösterreich Große Kuhschelle (Pulsatilla grandis)
Steiermark Kriechender Günsel (Ajuga reptans)
Tirol Fuchs’ Knabenkraut (Dactylorhiza fuchsii)
Kärnten Fuchs’ Knabenkraut (Dactylorhiza fuchsii)
Wien Götterbaum (Ailanthus altissima)
Oberösterreich Gänseblümchen (Bellis perennis) und Persischer Ehrenpreis (Veronica persica)
Burgenland Kleines Knabenkraut (Anacamptis morio)
Salzburg Fuchs’ Knabenkraut (Dactylorhiza fuchsii)
Vorarlberg Fuchs’ Knabenkraut (Dactylorhiza fuchsii)

Der Anteil der Beobachtungen mit Forschungsqualität ist erfreulicherweise trotz der hohen Anzahl an neuen Beobachtungen weiter gestiegen und liegt derzeit bei rund 78,7 %.

Heuer ist übrigens eine aktualisierte Rote Liste der Farn- und Blütenpflanzen Österreichs in der "Stapfia" erschienen, die die letzte österreichweite Liste aus dem Jahr 1999 ablöst. Viele Menschen haben sich dabei ehrenamtlich am Entstehen der Liste beteiligt, die eine wichtige Grundlage im Naturschutz bildet. Wer sich über den Gefährungsgrad der Pflanzenarten informieren möchte, findet die Rote Liste auf zobodat.at.

Im nächsten Jahr sind Journal-Beiträge zu Pflanzen der Saison geplant, mit Infos wann und wo sie zu finden sind und wie sie von ähnlichen Arten unterschieden werden können. Wer gerne auch einen Beitrag schreiben möchte (etwa zu besonderen Funden, interessanten Gebieten, Bestimmungshilfen o. ä.), kann mir gerne eine Nachricht schicken oder hier einen Kommentar hinterlassen (denn das soll kein Privatprojekt sein!).

Damit wünsche ich euch einen guten Rutsch und ein erfolgreiches, glückliches und pflanzenreiches Jahr 2023!

Posted on December 31, 2022 07:00 PM by pastabaum pastabaum | 2 comments | Leave a comment